
08/09/2025 0 Kommentare
Meditationstreff in den Weinbergen
Meditationstreff in den Weinbergen
# Veranstaltungen

Meditationstreff in den Weinbergen

In seinem Buch Der Weg zum Glück beschreibt der 14. Dalai Lama Meditation als einen Zustand vollständiger Einsgerichtetheit des Geistes. Jeden Mittwochabend praktiziert die Meditationsgruppe diese Übung in stiller Gemeinsamkeit. Ende Juni traf sie sich dazu im Stupa in Grafenwörth, eingebettet in den Wagramer Weinbergen.

Der Friedenstupa ist eine große, helle, eindrucksvolle Kuppel mit Vollholzboden, von der aus der Ausblick durch die kleinen runden Fenster auf die saftig grünen Weinreben wie bunte Bilder an den weißen Wänden hängt. Obwohl er ein sakrales buddhistisches Bauwerk ist, steht er Menschen jeglicher Konfession offen, um zu verweilen, zu beten, zu begegnen und nicht zuletzt um zu meditieren. Tagsüber, speziell an den Wochenenden, finden daher zahlreiche Besucher*innen den Weg in den Stupa, wo Sunim, der Mönch offenherzig allen Interessierten den Buddhismus und die Architektur des Stupas erklärt.

Wir trafen uns jedoch nach der offiziellen Öffnungszeit zu einer privaten Meditation. Zu Beginn umrundeten wir die drei Etagen des Stupas äußerlich. Dieses alte buddhistische Ritual inmitten der Weinberge sollte unser Bewusstsein daran erinnern, dass wir alle Teil eines größeren Ganzen sind. In der buddhistischen Lehre gibt es kein separates, isoliertes Ich – alles ist mit allem verbunden. Thich Nhat Hanh, eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des modernen Buddhismus in der westlichen Welt, beschrieb das mit seiner bekannten Metapher über die Blume: Wenn man eine Blume betrachtet, sieht man darin auch die Wolke, den Sonnenschein, die Erde, die Mineralien, den Gärtner, die Zeit, und den Raum, die alle notwendig waren, damit die Blume wachsen konnte. Die Blume existiert nicht unabhängig. Sie „ist“ nur, weil alles andere in ihr ist. Bei uns Menschen ist das genauso. Wir sind unsere Eltern, unsere Nahrung, unsere Freunde, die Luft, die Sonne, die Bildung, die Liebe, und alles andere das notwendig für unsere Entwicklung war.

Mit dieser Perspektive im Herzen eröffnete Karin Brost im Anschluss daran die Sitzung im Inneren des Stupas mit der großen, schweren Meditationsglocke, deren langer Nachhall sich nur langsam im Schweigen der Meditierenden verlor.
Nach der Besinnung auf das eigene Selbst beendeten wir den Meditationstreff mit kräftigem Gesang und erlebten die besondere Wirkung des Kraftplatzes auf der Lotusblüte im Zentrum des Stupas, die jede und jeden von uns auf unterschiedliche Art und Weise berührte.
Johanna Willmann
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