Die Krone der Schöpfung

Die Krone der Schöpfung

Die Krone der Schöpfung

# Geistliches Wort

Die Krone der Schöpfung
Seid fruchtbar und vermehrt euch, und füllt die Erde, und macht sie euch untertan.
1 Mose 1,28
Und so vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und gemacht hatte. 
1 Mose 2,1-3

Es gilt, mit einem großen Irrtum aufzuräumen: Gemeinhin wird der Mensch als die „Krone der Schöpfung“ bezeichnet - eine Behauptung, abgeleitet aus dem Schöpfungsbericht ganz am Beginn der Bibel.

Ich denke, mit dieser Ableitung liegen wir falsch, und es täte uns gut, diesen Irrtum aufzulösen.

„Macht die Erde euch untertan!“

"Machet die Erde euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht." So spricht Gott im ersten Schöpfungsbericht zu den Menschen, und daraus leiten wir eine überragende Stellung von uns Menschen in dieser Welt ab: die „Krone der Schöpfung“ sind wir … angeblich.

Aber: Einen ganzen Tag lang schafft Gott das Licht, einen ganzen Tag den Himmel, einen ganzen Tag Land und Meer, einen ganzen Tag Sonne, Mond und Sterne, und einen weiteren ganzen Tag die Fische und Vögel. Und erst am 6. Tag - wohlgemerkt gemeinsam mit den Tieren, die auf der Erde leben! - schafft er den Menschen.

Wenn man es so betrachtet, dann ergibt sich daraus nicht gerade eine überlegene Bedeutung des Menschen gegenüber dem Rest der Welt. Wenn Gott für die Schaffung von Himmel und Erde mit ihren tierischen Lebewesen 5 der ersten 6 Tage „benötigt“, dann kann diese Erde mit ihren Pflanzen und Tieren doch nicht weniger bedeutsam sein als der Mensch. Zumindest aber kann man den Auftrag Gottes an die Menschen, sich "die Erde untertan zu machen", nicht als Einladung zur Ausbeutung und Unterwerfung der Erde verstehen - dann kann das "untertan machen" nur einen Auftrag zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Welt bedeuten. Die Voraussetzung für diesen bietet uns der 7. Tag - der schönste, bedeutendste und lebensnotwendigste Schöpfungstag von allen.

Der Ruhetag - die wahre Krone der Schöpfung!

Auch hier gilt es zunächst klar zu stellen: Mit dem "Tag der Ruhe" ist nicht vorrangig ein Tag gemeint, an dem wir halt arbeitsfrei haben, der zum Faulenzen geschaffen ist. Also nichts gegen einen chilligen Sonntag, aber mit dem Ruhetag als Vollendung der Schöpfung muss doch etwas ganz anderes gemeint sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott nach diesen 6 grandiosen schöpferischen Tagen den siebenten als Schlusspunkt/als Vollendung erschafft, nur um mit einer Großpackung Popcorn vor dem Fernseher zu knotzen.

Am Ende jedes Tages heisst es: "Und Gott sah, dass es gut war." Ich stelle mir dieses Bild so vor, dass der große Schöpfer am Ende jedes Tages zur Ruhe kommt, sein Werk bestaunt und in seiner Betrachtung zufrieden zu dem Schluss kommt, dass es gelungen ist.

Mich erinnert das irgendwie an einen Koch. Ein gewagter Vergleich, aber trotzdem: Er besorgt und bereitet die Zutaten zu, kocht mit allen koch-künstlerischen Fertigkeiten, fügt eine Vielfalt an Gewürzen hinzu, bereitet das Gericht schön auf einem Tablett und stellt es dann auf den Tisch. Doch das war’s noch nicht! Vollendet ist es erst, wenn die Gäste, die am Tisch Platz genommen haben, das Gericht bestaunen, den Duft der Speise wohlig schnuppern, ihre Portion schön auf den Teller serviert bekommen und schließlich - in aller Ruhe - Bissen um Bissen genießen.

Die Gäste haben eigentlich nichts anderes zu tun, als in Ruhe auf das fein zubereitete Mahl zu warten, es wohlig zu bestaunen, es zu genießen und - und das gehört unbedingt dazu! - am Ende dankbar für diesen Genuss zu sein. Die Dankbarkeit stellt sich dabei wie von selbst ein, wenn es uns so richtig geschmeckt hat und wir wohlig satt geworden sind.

Um im Bild zu bleiben: Schnell zu Tisch hasten, das Essen runterschlingen, dabei möglichst gleichzeitig noch am Handy herumspielen und schnell wieder vom Tisch eilen, um den Beginn des Fußballspiels im Fernsehen ja nicht zu versäumen - das kann's doch irgendwie nicht sein, oder?

Gerne können wir das Bild des genüsslichen Mahls auch mit dem Besuch eines Konzerts oder eines Museums, mit einem tiefgehenden Gespräch mit Freunden, mit einer Wanderung in der Natur oder ähnlichem ersetzen: Der wahre Genuss, die wahre Zufriedenheit und auch die wahre Dankbarkeit stellt sich nur dann ein, wenn wir das Essen/das Konzert/das Gespräch nicht gehetzt und irgendwie nebenbei erledigen, sondern uns dafür in Ruhe Zeit nehmen.

Die Ruhegebote

Für mich ist tatsächlich dieser 7. Schöpfungs-Tag die Krone der Schöpfung: der Tag der Ruhe, der Tag des Sich-Zeit-Nehmens, der Tag des In-Ruhe-Genießens, der - als Ergebnis davon - Tag der Dankbarkeit. Und daher ist es ja auch so richtig, dass wir gerade an diesem Tag der Dankbarkeit dem danken, dem wir alles zu verdanken haben - deshalb ist es so richtig, gerade am Ruhetag Gottesdienst zu feiern - und zwar in Ruhe!

Denken wir an die Ruhegebote des Sabbat, die (zumindest) die frommen Juden einzuhalten versuchen: Man kann sich leicht lustig machen darüber, dass man nicht einmal ein elektrisches Licht aufdrehen soll und ähnliches … mag sein, dass manche der Gebote uns im 21. Jahrhundert etwas unzeitgemäß erscheinen, aber der tiefe Sinn dahinter, nämlich sich ganz auf die Ruhe, den beschaulichen Genuss und die Dankbarkeit gegenüber Gott zu konzentrieren: diese Funktion eines Ruhetags macht großen Sinn, gerade angesichts der dramatischen Umweltzerstörung, des blinden Konsums und unseres hektischen Dauer-Stresses.

Nach den Sommermonaten beginnt üblicherweise die umtriebigste Zeit im Jahr, mit dem Weihnachtsstress als „Höhepunkt“. Umso mehr wünsche ich Ihnen viele ruhige Tage - und Shabbat Shalom!

Andreas Andel

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